Das vergangene, sehr ereignisreiche Jahr hat uns leider viele ungelöste Krisen hinterlassen. Die das letzte Jahr prägenden Themen der Flüchtlings- und Migrationsbewegungen, der Terrorismusbedrohung, der Entwicklungen in der Ukraine, der anhaltenden Staatsschuldenkrise sowie der Zunahme rechtspopulistischer Gruppierungen und Parteien in Europa werden uns daher auch 2016 maßgeblich beschäftigen. Zusätzlich wird die Debatte über die Volksabstimmung zum Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union das kommende Jahr mitbestimmen.
Mit Sorge habe ich in den letzten Wochen auch die umstrittenen Reformvorhaben der neuen polnischen Regierung verfolgt. Zum Jahreswechsel traf es nach dem Verfassungsgericht nun die Medien: Vorstände und Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Sender sollen nach dem im Eilverfahren verabschiedeten Mediengesetz künftig durch die Regierung ernannt werden. Damit stellt das Gesetz eine Maßnahme gegen unsere europäischen Prinzipien und Werte der Freiheit und Meinungsvielfalt der Medien dar. Die Reformen der polnischen Regierung zielen darauf ab, deren Macht auszuweiten. Dabei geht die Regierung mit einer Willkür gegen unsere gemeinsamen Grundwerte vor, die in meinen Augen inakzeptabel ist.
Ich halte es daher auch für richtig, dass der Rechtsstaatsmechanismus der Europäischen Union aktiviert und Polen unter Aufsicht gestellt wurde. In einer ersten Phase untersucht die Europäische Kommission nun, ob systembedingte Gefahren für die Rechtsstaatlichkeit in Polen vorliegen. Sollte dies der Fall sein und bleibt ein dann aufgenommener Dialog mit der polnischen Regierung ergebnislos, kann dem Land – im äußersten Fall – das Stimmrecht im Rat entzogen werden.
Die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit ist Voraussetzung für den Schutz unserer gemeinsamen Grundrechte. Ein entsprechend entschlossenes und konsequentes Vorgehen gegenüber Verletzungen des Rechtsstaatlichkeitsprinzips ist daher unabdingbar.
Das Jahr 2016 wird kein leichtes Jahr. Es wird nicht einfach werden, die anstehenden Herausforderungen zu meistern. Ich hoffe sehr, dass wir in europäischer Gemeinsamkeit und Solidarität jene Entschlossenheit, Stärke und Zuversicht entwickeln können, die Europa jetzt braucht.