An den Spielregeln gibt es nichts zu rütteln!

Ganz Europa richtet in diesen Tagen seinen Blick nach Athen. Die Parlamentswahl der Griechen am vergangenen Sonntag hat eine Regierung hervorgebracht, wie sie Europa noch nicht gesehen hat: eine Koalition aus Linkspartei und Rechtspopulisten. Der linke Syriza-Chef und neue Ministerpräsident der Griechen, Alexis Tsipras, verbündet sich mit den Rechtspopulisten der „Unabhängigen Griechen“, die ihrerseits entschiedene Gegner der griechischen Sparpolitik sind. Dem klaren Wahlsieg der linken Syriza waren große Versprechungen an die Bevölkerung vorausgegangen. In seinem Wahlprogramm kündigte Tsipras an, die größten Ungerechtigkeiten der Reformprogramme beseitigen zu wollen. Schon wenige Tage nach der Wahl ist die Rede von einer Anhebung des Mindestlohns auf das alte Niveau und von freiem Strom für Haushalte unterhalb der Armutsgrenze.

Fragt sich nur, von welchem Geld der neue Regierungschef diese Maßnahmen bezahlen will. Denn während Tsipras im neuen Kabinett scharfe Kritiker der EU-Reformauflagen um sich schart, läuft ihm finanziell gesehen die Zeit davon. Schließlich ist Griechenland auch weiterhin auf die Mittel des mittlerweile zweiten Hilfsprogramms der EU angewiesen. Aber eines ist klar: Ein Aufkünden des Sparkurses bedeutet, dass der europäische Geldhahn, an dem Griechenland hängt, ganz schnell abgedreht werden könnte. Wir haben seit Beginn der Krise in Griechenland von europäischer Seite immer in bester Absicht gehandelt, dem Land zu helfen. Milliardenschwere Rettungsprogramme wurden auf den Weg gebracht und bis heute schon große Fortschritte erreicht. Dass die mit den Krediten verbundenen Auflagen auch der Bevölkerung einiges abverlangen, steht außer Frage. Aber die Bevölkerung leidet doch vor allem, weil die griechischen Eliten jahrelang versagt haben – und nicht wegen Entscheidungen in Berlin oder Brüssel.

Die nächsten Tage und Wochen werden zeigen, ob die neue Regierung an ihren radikalen Forderungen festhält. Wir akzeptieren selbstverständlich das Votum des griechischen Volkes und niemand drängt Griechenland – aber Verpflichtungen zählen nun mal. „Hilfe gegen Reformen“ – so war es vereinbart. Solidarität der Euro-Mitgliedstaaten mit Griechenland auf der einen Seite und eigene Reformanstrengungen auf der anderen Seite. Ein Schuldenschnitt ist in meinen Augen undenkbar. Schließlich hätte Griechenland in wenigen Jahren wieder genauso viele Schulden, solange keine Reformen stattfinden und das Land nicht wettbewerbsfähiger wird. Außerdem haben die Griechen durch verlängerte Kreditlaufzeiten genug Spielraum. Das Land auf einen guten Weg zu bringen, bleibt unser Ziel in Deutschland und auf europäischer Ebene. Aber Griechenland muss sich an die Spielregeln halten – daran ist nicht zu rütteln.