Endometriose: Millionen betroffen, zu lange nicht ernst genommen
Sie ist weitverbreitet, beeinträchtigt die Lebensqualität vieler Frauen – und wird dennoch häufig spät oder gar nicht erkannt. Endometriose betrifft rund jede zehnte Frau im gebärfähigen Alter: rund 14 Millionen in der EU, weltweit sogar 190 Millionen. Die Erkrankung ist chronisch, schmerzhaft und oft entkräftend – doch in Medizin, Forschung und Versorgung blieb sie über viele Jahre ein blinder Fleck.
Die durchschnittliche Zeit bis zur Diagnose beträgt sieben Jahre. Diese Verzögerung ist kein individuelles Versäumnis, sondern ein strukturelles Problem. Noch immer fehlt es an Wissen in der medizinischen Ausbildung, an Aufklärung in der Gesellschaft und an einer differenzierten Betrachtung weiblicher Gesundheitsrealitäten. Menstruationsbeschwerden werden zu oft bagatellisiert, Endometriose nicht erkannt oder nicht ernst genommen – mit gravierenden Folgen für die Betroffenen.
Dass das Europäische Parlament das Thema vor der Sommerpause aufgegriffen hat, ist ein wichtiges Zeichen – auch wenn die Zuständigkeit für Diagnose und Versorgung bei den Mitgliedstaaten liegt. Europa kann trotzdem viel bewirken: durch gezielte Forschungsförderung, durch den Austausch bewährter Verfahren und durch politische Aufmerksamkeit, die hilft, das Thema sichtbar zu machen.
Seit 2020 wurden auf EU-Ebene zehn Forschungsprojekte zur Endometriose gefördert – mit rund 15 Millionen Euro. Projekte wie FEMaLe, das auf KI-gestützte Diagnostik setzt, oder MOMENDO, das molekulare Mechanismen der Krankheit untersucht, leisten wichtige Beiträge. Doch es bleibt Luft nach oben: Der Großteil der Mittel floss bisher in die Verbesserung der Diagnostik, während die Erforschung der Ursachen und Behandlungsoptionen nur unzureichend berücksichtigt wurde. Auch vulnerable Gruppen – etwa junge Frauen, Frauen mit geringerem Einkommen oder nach der Menopause – bleiben in der Forschung bislang unterrepräsentiert.
Besorgniserregend ist auch der ungleiche Zugang zur Versorgung innerhalb Europas. Während Länder wie Frankreich bereits nationale Strategien zur besseren Versorgung entwickelt haben, fehlen andernorts spezialisierte Einrichtungen oder klare Behandlungswege. Für viele Frauen bedeutet das: jahrelanger Leidensdruck, Unsicherheit, erhebliche Belastungen im Berufs- und Familienleben. Die volkswirtschaftlichen Kosten sind hoch – auf bis zu 30 Milliarden Euro jährlich werden sie in der EU geschätzt.
Die EU kann hier koordinierend wirken – nicht, indem sie nationale Systeme ersetzt, sondern indem sie lückenhafte Versorgung sichtbar macht, Austausch organisiert und gesundheitspolitische Schwerpunkte setzt. Auch gezielte Förderprogramme wie EU4Health oder die Einbindung von Endometriose in den Rahmen geschlechterspezifischer Medizin können dazu beitragen, strukturelle Lücken zu schließen.
Endometriose darf kein Randthema bleiben. Es geht um gerechte Versorgung, fundierte Forschung – und darum, Frauen und ihre Beschwerden ernst zu nehmen. Und es ist an der Zeit, genau das zu tun.