Wo Medienfreiheit bröckelt, wankt die Demokratie. Das werden wir nicht zulassen
Als der European Media Freedom Act im September 2022 vorgestellt wurde, war die Begeisterung groß. Ein europäisches Gesetz, das journalistische Unabhängigkeit sichern soll – längst überfällig. Doch heute, kurz vor seinem Inkrafttreten am 8. August 2025, ist von dieser Aufbruchsstimmung in manchen Mitgliedstaaten wenig übrig. Statt klarer Umsetzung erleben wir vielerorts wieder das alte Muster: Es wird gefeiert, was auf dem Papier steht – und geschwiegen, wenn es konkret wird.
Ich sage deutlich: Das reicht nicht!
Ich habe mich für den EMFA eingesetzt, weil ich überzeugt bin: Medienpluralismus ist kein Luxus, sondern Lebensversicherung für Demokratie. In mehreren EU-Ländern wird die Medienlandschaft von wenigen Akteuren dominiert, staatliche Werbung dient nicht der Information, sondern der Einflussnahme. Kritischer Journalismus wird nicht gefördert, sondern gezielt unter Druck gesetzt.
Journalismus muss unbequem sein dürfen. Nur dann entsteht echte Meinungsvielfalt. Nur dann funktioniert demokratische Kontrolle. Nur dann bleibt Politik rechenschaftspflichtig. Deshalb werde ich nicht müde zu betonen: Pressefreiheit ist kein dekoratives Nice to Have. Sie ist Verpflichtung – politisch, rechtlich, moralisch.
Mit dem EMFA schaffen wir erstmals europaweit verbindliche Regeln: Schutz redaktioneller Unabhängigkeit. Transparenz der Eigentumsverhältnisse. Klare Vorgaben für die Vergabe staatlicher Werbegelder. Vertraulichkeit journalistischer Quellen. Verbot politischer Einflussnahme.
All das ist kein Wunschzettel, sondern geltendes Recht. Aber ein Gesetz ist nur so stark wie sein politischer Rückhalt. In einigen Mitgliedstaaten wird die Umsetzung verzögert, verwässert oder offen blockiert. Journalistinnen und Journalisten werden überwacht, verklagt, eingeschüchtert. Das ist nicht nur inakzeptabel – das ist ein Angriff auf unsere europäische Grundordnung.
Besonders alarmierend ist die Entwicklung in Ungarn: Ein Großteil der Medienlandschaft ist dort bereits in der Hand eines regierungsnahen Konglomerats. Kritische Journalistinnen und Journalisten stehen unter massivem Überwachungsdruck, neue Gesetze drohen, unabhängige Berichterstattung ganz zum Verstummen zu bringen. Auch in der Slowakei hat sich die Lage dramatisch verschärft: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wurde umgebaut, die neue Struktur STVR steht unter klarer politischer Einflussnahme. Einschüchterungskampagnen, SLAPP-Klagen und ein Absturz im Pressefreiheitsindex sprechen eine deutliche Sprache.
Und es gibt weitere Sorgenkinder: In Bulgarien oder Zypern fehlen bis heute glaubwürdige Verfahren zur Umsetzung. In Slowenien ist die Gesetzeslage in der Schwebe, die geplante Reform stockt.
Gleichzeitig zeigt der Blick auf andere Teile Europas: In Dänemark oder Portugal gelingt es, die Standards des EMFA frühzeitig umzusetzen – auch dort, wo Wahlen oder Regierungswechsel stattgefunden haben. Das zeigt: Wo politischer Wille da ist, lässt sich Medienfreiheit glaubwürdig absichern.
Deshalb erwarte ich, dass die Europäische Kommission genau hinschaut. Und konsequent handelt, wenn Mitgliedstaaten sich nicht an die Regeln halten. Wer den EMFA mitverabschiedet hat, kann sich nicht drücken, wenn es ernst wird. Pressefreiheit endet nicht mit der Unterschrift unter ein Gesetz. Sie beginnt mit seiner Durchsetzung – Tag für Tag, überall in Europa.