Die beiden Plätze der Preisträger blieben leer

Mzia Amaghlobeli aus Georgien und Andrzej Poczobut aus Belarus konnten bei der Verleihung des diesjährigen Sacharow-Preises im Europäischen Parlament nicht anwesend sein. Beide saßen im Gefängnis – festgehalten wegen ihrer journalistischen Arbeit, nicht wegen eines Vergehens.

Der Sacharow-Preis trägt den Namen eines Mannes, der selbst erfahren hat, was es heißt, vom gefeierten Wissenschaftler zum politisch Ausgegrenzten zu werden. Andrei Sacharow wurde in der Sowjetunion geehrt, solange er dem Staat diente. Als er begann, die Freiheit des Einzelnen zu verteidigen, wurde er isoliert. Diese biografische Bruchlinie erklärt, warum dieser Preis im Europäischen Parlament so fest verankert ist: Er richtet den Blick auf Menschen, die Öffentlichkeit schaffen, wo Macht lieber Schweigen hätte.

Zu Beginn der Zeremonie wurde ein Film gezeigt. Er zeichnete die Recherchen der beiden Preisträger nach, ihre Texte, ihre Stimmen – und erinnerte daran, warum dieser Preis vergeben wird: nicht für Meinungen, sondern für Verantwortung.

Für Andrzej Poczobut sprach seine Tochter im Plenarsaal. Sie erzählte von fünf Jahren Ungewissheit über den Zustand ihres Vaters. Hoffnung, sagte sie, sei das Einzige, was ihrer Familie bislang nicht genommen worden sei. Hinter jedem Schweigen stehe ein Mensch. Und eine Familie. Nach ihren Worten erhob sich das Plenum.

Für Mzia Amaghlobeli nahm die georgische Journalistin Irma Dimitradze den Preis entgegen. Sie beschrieb eine Realität, in der Journalismus zunehmend kriminalisiert werde. Amaghlobeli sei für sie wie eine Mutterfigur. In einer übermittelten Botschaft nahm Mzia den Preis im Namen ihrer Kolleginnen und Kollegen an – und im Namen all jener, die zu Unrecht inhaftiert sind. Die Stimme der georgischen Zivilgesellschaft, so Dimitradze, gehöre nach Europa. Auch nach dieser Rede stand der Saal.

Dieser Preis ändert nichts an der Situation der beiden Preisträger – heute nicht. Aber er macht unmissverständlich klar, wie Europa Unrecht benennt und woran es sein eigenes Handeln misst. Der Sacharow-Preis ist Ausdruck einer Verantwortung, die nicht vergeht, nur weil autoritäre Regime sie leugnen.

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